Ein köstliches Menu aus Neuem und Etabliertem in der Berliner Gastronomie
In den letzten Jahren ist Berlin zu einem kulinarischen Hotspot avanciert, in dem Trends nicht nur aufgegriffen, sondern auch gesetzt werden. Getrieben von Experimentierlaune, Weltoffenheit und einer Leidenschaft für Qualität treffen in der Metropole kreative Küchenzauberer auf kulinarische Freigeister. Hier gibt es sowohl die meisten Michelin-Restaurants Deutschlands als auch eine fabelhafte Vielfalt an Geschmackserlebnissen. Ein Überblick.
Neue Szenelokale
Reservieren ist ein Muss in den neuesten Gastro-Hotspots der Hauptstadt, die durch eine gelungene Kombination aus Coolness und Kulinarik bestechen.
Mit der Eröffnung des Restaurants Crackers machte Berliner Nachtleben Legende Heinz „Cookie“ Gindullis Ende 2014 wieder Schlagzeilen. Seinen ehemaligen Club Cookies hat er in eine kosmopolitische Gastro-Kathedrale mit beeindruckender Deckenhöhe umfunktioniert. Für die Küche zeichnet Stephan Hentschel verantwortlich, der Gäste mit Zander Ceviche, Limburger Klosterschwein und Quinoa Burger verwöhnt und auch die Speisekarten für die weiteren Restaurant von Gindullis – das vegetarische Cookies Cream und das besonders fürs Frühstücken beliebte Chipps – konzipiert.
Mit seinem Studio Tim Raue hat der Berliner 2-Sternekoch nach den Restaurants Tim Raue, Sra Bua und La Soupe Populaire nun eine vierte kulinarische Anlaufstelle geschaffen. Eklektisch-minimalistisch eingerichtet befindet sie sich in der Factory Berlin, einem Campus für hippe Start-ups in einer ehemaligen Brauerei in Berlin-Mitte. Obwohl für jedermann zugänglich, dient mittags der Raum den Mitarbeitern von Mozilla und Soundcloud als Kantine. Mehrere global inspirierte Gerichte unter 10 Euro stehen auf der Karte. Abends wird’s gehobener mit wechselnden Vier- bis Zehn-Gänge-Menus.
„Brutal lokal“ ist das Konzept von Nobelhart & Schmutzig, dem neuen Lokal von Star-Sommelier Billy Wagner. Soll heißen: Sämtliche Zutaten kommen kompromisslos aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und der Ostsee. Folglich gibt es keinen Pfeffer und auch keine Zitronen, alles ist frisch und saisonal oder durch Pökeln, Einwecken und Fermentieren traditionell und natürlich konserviert. Auch eine Speisekarte gibt es nicht: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt, mitten in der Küche. Ein bisschen wie einst bei Mama zu Hause – allerdings mit zehn Gängen.
Sein mit Geschäftspartner Jesko Klatt betriebenes Club-Restaurant Spindler & Klatt zieht bereits seit über zehn Jahren Gäste in den Bann, doch seit Neuestem herrscht Frank Spindler auch über sein eigenes Reich: das Spindler Berlin in einem Gründerzeit-Gewerbekomplex am Paul-Lincke-Ufer. In der Küche zaubert Ex-Pauly-Saal-Souschef Nicolas Gemin feine, saisonale Hausmannskost. Das mit ausgesuchten Details ausgestattete, gemütlich-elegante Interieur hat Designerin Karolina Preis entworfen.
Auch Boris Radczun und Stefan Landwehr, das Team hinter den Promi-Läden Grill Royal und Pauly Saal, haben mit dem Dottir in Mitte ein „neues Baby“. In dem mit antiken Möbeln ausgestatteten, entspannt unrenovierten Ambiente schwingt Victoria Eliasdóttir, die Schwester des Künstlers Olafur Eliasson, den Kochlöffel. Zubereitet werden modern interpretierte isländische Küchenklassiker, die mit für hiesige Gefilde ungewohnten Zutaten wie Bergkräutern, Hopfen und Algen verfeinert werden.
Im „alten Westen“, genauer gesagt in Schöneberg, gibt es mit dem Martha’s ebenfalls einen viel beachteten Neuzugang. Regie in der Küche führt der 26-jährige Manuel Schmuck, der bisher im 2-Sterne-Restaurant Reinstoff seine Talente zur Schau stellte. Bei Martha’s geht es zwar gehoben, aber auch erschwinglich zu – mit Gerichten, die die Grenzen des kulinarischen Globalismus austesten. So teilt sich beispielsweise die Müritzer Milchlammkeule mit Bohnen, Safran, Hummus, Guacamole und Papadam den Teller. Am späteren Abend wird der schöne Raum vorwiegend zur Bar.
Futtern, Feiern, Food Trucks
Food Trucks und Street-Food-Märkte haben sich mittlerweile in Berlin fest etabliert. Wer sich für kleines Geld auf eine internationale Geschmacksreise begeben möchte, hat eine Riesenauswahl: japanisches Curry, argentinische Empanadas, sudanesisches Lammfleisch, koreanische Tacos, mongolische Teigtaschen oder auch Käsespätzle, Wildfleisch-Burger und Wiener Schnitzel – die kulinarische Vielfalt ist über alle Landesgrenzen hinweggegangen.
Wie man mit rollenden Küchen Foodies anlockt, machen seit einiger Zeit der Street Food Thursday in der Markthalle Neun in Kreuzberg und die gelegentlich stattfindenden Bite Club, Burgers & Hip Hop und Thai & Techno Partys vor.
Jeden zweiten Sonntag bietet in der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg Street Food auf Achse rund 40 mobilen Küchen eine Plattform. Bei schlechtem Wetter können die Köstlichkeiten auch im angrenzenden Frannz Club genossen werden. Ab Juni soll die Veranstaltung wöchentlich stattfinden.
Das Street Food auch restauranttauglich sein kann zeigt ebenfalls im Prenzlauer Berg seit Ende 2014 das Chutnify. In dem kunterbunt bemalten Lokal liegt die Betonung auf südindischen Straßengerichten, die in Deutschland bisher selten angeboten werden. Die Hauptspezialität sind Dosas, eine Art gefüllte Crêpes, die mit verschiedenen Chutneys serviert werden. Die Kartoffel-Masala-Füllung ist ein Klassiker.
Vietnamesisches Street Food gibt es im originell eingerichteten District Môt, das seine Gäste mit bunten Plastikhockern und mit Klopapierrollen statt Servietten in die Straßen von Saigon versetzen will. Auf die Teller kommt sowohl Bekanntes als auch Ungewöhnliches: Pho Nudelsuppe, Papaya Salat mit Schweineohr, Barbecue zum selbst Grillen und frittierte Seidenraupen.
Berlin liebt Burger
Neben Currywurst und dem omnipräsenten Döner hat sich in Berlin der Burger als Fast-Food-Liebling durchgesetzt. Auch im letzten Jahr sind immer wieder neue kleine feine Gourmet-Burger-Etablissements aus dem Boden gesprossen.
Im Wedding leuchtet der Gastropub Volta wie ein kulinarischer Stern auf der schmuddeligen Brunnenstraße. Hier legt Stephan Hentschel mit dem Volta Burger eine wahre Meisterleistung hin. Das Geheimnis des guten Geschmacks des Burgers liegt nicht nur in der hohen Fleischqualität, sondern auch in den weiteren Zutaten wie frischem Rucola, Spreewaldgurke und einer süßen Barbecue-Soße. Dazu passt ein Bier aus der ebenfalls im Wedding beheimateten Brauerei Eschenbräu.
In Mitte macht sich die isländische Burgerkette Tommi’s Burger Joint einen Namen. Gründer Tomas Tomasson begeisterte zunächst Burger-Fans in seiner Heimatstadt Reykjavik, bevor er sein Erfolgsrezept nach London, Kopenhagen und jetzt nach Berlin exportierte. Das saftige Black-Angus-Rindfleisch stammt von Tieren, die sich auf schottischen Wiesen austoben konnten. Dazu gibt es dünne Fritten und Béarnaise.
Ebenfalls hochgelobt werden die Burger des quietschgelben Bunsmobile, einem zum Food-Truck umfunktionierten US-Army-Truck. Seine Betreiber kommen aus Kanada und Frankreich, das Fleisch und andere Zutaten jedoch aus der Region.
Eine Berliner Erfolgsgeschichte ist der Schiller Burger. Ursprünglich aus Neukölln, wurde der kleine Laden mittlerweile fünfmal „geklont“ und ist jetzt auch in Friedrichshain, Kreuzberg, Prenzlauer Berg und Pankow anzufinden. Hier sind die Fleischpatties nach Werken von Friedrich von Schiller (der Cheeseburger heißt z.B. Glocke) benannt und stecken in knusprigen Brötchen, die in der eigenen Backstube produziert werden. Auch eine Portion knuspriger Süßkartoffel-Pommes darf nicht fehlen.
Längst ein Klassiker ist The Bird. Der Originalladen im Prenzlauer Berg sieht aus, als ob er von New York nach Berlin eingeflogen worden sei. Er hat ebenfalls einen Ableger in Kreuzberg aufgemacht, und auch hier werden alle Burger frisch durch den Fleischwolf gedreht und mit hausgemachten Soßen serviert.
Asiatische Burger – etwa mit Lachs oder Thunfisch, japanischem Shiso-Blatt und Limetten – überraschen die Geschmacksnerven bei Shiso Burger in Berlin-Mitte. Es ist ein recht kleines Restaurant, aber die Burger sind ein großartiger Mix aus Fisch oder Fleisch und köstlichen Gewürzen und Soßen aus Asien.
Berliner Küchenklassiker
Auch wenn die deutsche Hauptstadt bei vielen kulinarischen Trends die Nase vorn hat, gibt es sie noch, die traditionelle Berliner Küche: kräftig, deftig, direkt. Eisbein mit Erbspüree, Kalbsleber „Berliner Art“, Sülze mit Bratkartoffeln oder Buletten mit Senf – sie alle gehören zu den Klassikern, die schon seit Jahrhunderten auf heimischen Herden zubereitet werden. Etwa auf dem Herd von Berlins ältester Gaststätte Zur Letzten Instanz, die seit 1621 im Geschäft ist und schon Napoleon und Goethe bewirtet haben soll.
Auch das Wirtshaus Henne, seit 1908 in Kreuzberg beheimatet, genießt Kultstatus. Leider musste John F. Kennedy während seines Staatsbesuches 1963 die Einladung ablehnen, das legendäre Grillhähnchen zu probieren. Immerhin schickte das Weiße Haus eine persönliche Entschuldigung. Noch ein bisschen älter (seit 1902) ist das in der Nähe gelegene Wirtshaus Max & Moritz, wo es das zur Hausmannskost besonders gut passende hauseigene Pils namens Kreuzberger Molle zu trinken gibt.
In Charlottenburg zählt das Diener Tattersall zu den berühmtesten Altberliner Etablissements. Nach der Übernahme durch den Schwergewichtsboxer Franz Diener in den 50er Jahren avancierte es zu einer Künstlerkneipe. Von Hildegard Knef über Harry Belafonte bis Harald Juhnke – sie alle kamen auf Bier und Bulette vorbei und hinterließen signierte Schwarz-Weiß-Fotos, die bis heute die Wände dekorieren.
„Wat für’n hohlen Zahn …“ – der schnelle Imbiss
Als Snack verspeisen die Berliner gern ihre geliebte Currywurst. Die wurde ja schließlich auch in ihrer Stadt erfunden, nämlich von Herta Heuwer, die sie zum ersten Mal 1949 an ihrem Imbissstand in Charlottenburg anbot. Den Imbiss gibt es nicht mehr, dafür verewigt aber eine Gedenktafel an der Kantstraße 101 die 1999 verstorbene „Grande Dame der Currywurst“.
Einige Wurstbuden haben im Laufe der Zeit Kultstatus erreicht, darunter auch Konnopke’s Imbiss in einem Kiosk unter der Hochbahn im Prenzlauer Berg. Schon 1930 verkauften Max Konnopke und seine Frau Charlotte Bockwürste, Knacker und Wiener in dem Kiez, 1960 boten sie die erste Currywurst Ost-Berlins an – und bis heute ist der Betrieb in Familienhand.
Das West-Berliner Pendant ist Bier’s Kudamm 195, wo seit 1965 Currywurst über die Ladentheke geht – gerne begleitet von einem Fläschchen Champagner. Auch viele Prominente zählen zu den Stammkunden, besonders in den frühen Morgenstunden. Nachteulen treibt es auch zu dem ebenfalls berühmten Curry 36, entweder zum Original in Kreuzberg oder zur neuen Filiale am Bahnhof Zoo.
US-Gourmetmagazin verleiht in New York „Saveur Good Taste Award“ an Berlin
Mehr als Currywurst und Döner: Berlin wird heute in New York City vom angesehenen US-Magazin „Saveur“ zur neuen vegetarischen Hauptstadt gekürt. Die internationale Auszeichnung der Feinschmeckerzeitschrift würdigt die kulinarische Entwicklung der Stadt mit einer Vielfalt von rund 30 veganen und 300 vegetarischen Restaurants und Imbissen. Die Gewinner der „Saveur Awards“ werden jährlich von den rund 325.000 Lesern sowie den Redakteuren des in New York ansässigen Feinschmeckermagazins gekürt.
Die Auszeichnung würdigt, dass sich Berlin gastronomisch weiterentwickelt habe. Die hochwertige grüne Küche überflügele mittlerweile sogar das eher fleischlastige Berliner Angebot, schreibt „Saveur“ in der Begründung. Die internationale Zuwanderung sowie die Unkonventionalität der Stadt hätten maßgeblich zur neuen vegetarischen und veganen Vielfalt beigetragen, so das Magazin. Die vegetarischen Lokale seien auch attraktiv für Besucher, die sonst Fleisch konsumierten.
Gourmets sehen Sterne
Berlin ist die Stadt mit den meisten Sternerestaurants Deutschlands und damit auch die Gourmet-Hauptstadt. 20 Restaurants wurden für die 2016 Ausgabe des Restaurantführers Michelin mit insgesamt 26 Sternen ausgezeichnet, davon 14 mit einem Stern und sechs mit zwei Sternen.
Fünf Berliner Restaurants sind neu im Guide Michelin vertreten: Nobelhart & Schmutzig und das Richard aus Kreuzberg, der Bieberbau und das Semmler in Wilmersdorf und das Bandol sur Mer in Berlin-Mitte.
Die Berliner Sternerestaurants 2016 auf einen Blick
Die Berliner Sternerestaurants 2016 auf einen Blick
2 Sterne (6 Restaurants)
Facil: www.facil.de
Fischers Fritz: www.fischersfritzberlin.com
Horváth: www.restaurant-horvath.de
Lorenz Adlon Esszimmer: www.lorenzadlon-esszimmer.de
Reinstoff: www.reinstoff.eu
Tim Raue: www.tim-raue.com
1 Stern (14 Restaurants)
5 – Cinco by Paco Pérez: www.5-cinco.com
Bandol sur Mer: www.bandolsurmer.de
Bieberbau: www.bieberbau-berlin.de
First Floor: www.firstfloor.palace.de
Frühsammers Restaurant: fruehsammers-restaurant.jimdo.com
Hugos: www.hugos-restaurant.de
Les Solistes by Pierre Gagnaire: www.waldorfastoriaberlin.com/deu/Restaurants-Lounges/Les-Solistes
Nobelhart & Schmutzig: www.nobelhartundschmutzig.com
Pauly Saal: paulysaal.com
Richard: www.restaurant-richard.de
Semmler: www.kochkunst-ereignisse.de
Skykitchen: www.skykitchen.berlin
VAU: www.vau-berlin.de
Weinbar Rutz: www.weinbar-rutz.de
Quelle: visitBerlin
http://www.visitberlin.de
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